Die Sucht Teil 2 – Eine Geschichte zum Nachdenken
Liebe Kaktusleser*innen,
das ist der zweite Teil der Geschichte „Die Sucht“. Nun nochmal eine Kurzfassung des ersten Teiles, den ihr auch in voller Länge hier im Kaktusblog nachlesen könnt.
Leonie überlebt zwar ihre Geburt, aber ihre Mutter stirbt. Seitdem hat ihr Vater ein Alkoholproblem und misshandelt oder schlägt das Mädchen. Auch ihre Oma, der sie sehr nah stand, verstirbt. Als Leonie 16 Jahre alt wird und die Situation mit ihrem Vater sich immer mehr verschlimmert hat, reicht es ihr und sie will weg von ihm.
Ich hatte mich entschieden nach Berlin zu gehen. Früh am Morgen, als mein Vater noch schlief, nahm ich den Zug zur Hauptstadt. Ich hatte das erste Mal das Gefühl von Freiheit. Nach ein paar Stunden Fahrt war ich angekommen. Auch ein Wohnplatz in einer WG hatte ich bereits organisiert. Nach kurzer Zeit hatte ich mich an die große Stadt und das WG-Leben gewöhnt. Ich fing an zu studieren und fand außerdem eine Arbeit in einer Imbissbude. Alles schien sich zum Guten zu wenden, aber in meinem verfluchten Leben musste immer etwas schief laufen. In der WG gab es einen großen Streit wegen Meinungsverschiedenheiten. Ich fand, dass die Menschen in Ostberlin genauso normale und nette Menschen wie wir in der BRD waren. Wir stritten uns nur über Politik und über den neuen Bundeskanzler Helmuth Kohl. Irgendwann baten sie mich auszuziehen. Ich war zunächst sehr geschockt, aber ließ die WG schließlich hinter mir und suchte mir eine kleine Wohnung. Es war zwar teurer, als in einer WG zu wohnen, aber mein Geld reichte dafür aus. Wenige Zeit später traf ich einen jungen Mann namens Uwe, der mein Freund wurde. Er erzählte mir einmal, dass seine Eltern aus Ostberlin geflohen seien, bevor er geboren wurde und ich erzählte ihm die Geschichte meiner Kindheit. Wir trafen uns oft, und er verriet mir, wie er viel Geld bekommen wollte. Er wollte auf Fußballspiele wetten. Uwe sagte, damit könnte man reich werden. Aber er bräuchte Unterstützung von mir. Ich war vor Liebe blind, und er verwettete einen großen Teil meines Ersparten. Später versuchte er irgendwelche Schiedsrichter zu bestechen. Uwe hatte Schulden und er geriet in kriminelle Machenschaften, bis er zum Schluss zu 5 Jahre Haft verurteilt wurde. Ich stand alleine da, mit über 1.000 Mark Verlust. Ich bemerkte, dass das fehlende Geld schmerzte und entschied mich, mit dem Studieren zu pausieren. Ich musste bei der Imbissbude Vollzeit arbeiten, um über die Runden zu kommen. Die Semesterbeiträge konnte ich sowieso nicht bezahlen. Aber was ich nicht bedachte, bevor ich mein Studium abgebrochen hatte, war, dass ich kein BAföG (-Startseite – BAföG (xn--bafg-7qa.de) mehr bekommen würde. Das einzige Gute an meinem Job, bei welchem ich 10 Stunden täglich an einem fettigen Grill zu arbeiten hatte, war, dass der Chef Murat Izmir mir alles „Schwarz “ auf die Hand gab und ich somit nichts versteuern musste. Wie sich herausstellte, war das nicht genug, denn ich kam mit dem Geld nicht über die Runden. Irgendwann kaufte ich mir die erste Spirituose. Langsam schlich sich die Sucht wie eine Gefahr an, die immer näher kam. Nun wusste ich, wie sich mein Vater gefühlt haben musst. Ich war erst 18, aber ich trank den Schnaps schon direkt aus der Flasche. Beim Alkohol sollte es nicht bleiben! Ich war in einem Club und ein Junge, der wahrscheinlich noch jünger war als ich, drückte mir eine Plastiktüte mit LSD-Pillen in die Hand. Ich hatte in meiner Wohnung ein schlechtes Gewissen, aber leicht angetrunken nahm ich die Droge in den Mund. Den Jungen sah ich nicht wieder, aber irgendjemand hatte immer Drogen in diesem Club. Eines Tages wollte ein Typ aus dem Club Geld für das LSD. Ich fand das lächerlich, ich würde dafür doch kein Geld ausgeben. Aber nach einer Woche packte mich der Drang und ich bezahlte – egal wie hoch der Preis war. Immer als ich in meinem Bett lag und die Pillen einwarf, fühlte ich mich wie auf Wolken und meine Geldprobleme waren weit weg. Aber als ich aus meinen Halluzinationen aufwachte, waren die Schulden und ein brummender Kopf immer noch da. Oft verpasste ich die Arbeit, weil ich noch im Rausch war. Eines Abends, im Winter, sollte ich nochmal für die Spätschicht zum Imbiss. Also ging ich schon leicht alkoholisiert durch kleine Gassen zum Laden. Als ich abbog, sah ich plötzlich ein Mädchen mit orangen Haaren, ungefähr so alt wie ich, auf den Boden liegen. Neben ihr lag ein umgekippter Rollstuhl. Ich guckte sie an, aber ging vorbei. Ich hatte doch schon genug Probleme mit mir selbst, ohne irgendjemanden Fremden zu helfen. Nach ein paar Minuten packte mich die Schuld. Was, wenn böse Menschen ihr etwas antun würden oder was, wenn sie dort die ganze Nacht würde liegen müsse. Ohne nachzudenken rannte ich zurück, in der Hoffnung, dass ihr nichts zugestoßen sei. Als ich ankam, lag sie immer noch auf der kalten Straße und guckte mich bittend an, dass ich ihr helfe. Ich wollte sie in ihren Rollstuhl zurück heben, aber das linke Rad war kaputt. Also trug ich sie bis in meine Wohnung und holte ihren Rollstuhl nach. In der Wohnung ließ ich sie sich erstmal ausruhen und versuchte mit Erfolg das Rad zu reparieren. Plötzlich sagte das Mädchen: „Sind das Drogen auf dem Tisch?“ „Nein, das sind meine, meine Medikamente!“, antwortete ich und schob das LSD schnell in eine Schublade. „Werde nicht zu frech, sonst kannst du gleich wieder zur Gasse! Wie heißt du eigentlich?“ „Das sage ich dir nicht, ich kenne dich doch gar nicht“, sagte sie leicht zickig. „Ach egal, ich habe deinen Rollstuhl repariert, aber es ist schon spät! Du kannst eine Nacht bei mir schlafen.“ „Danke du…“ „Ich heiße übrigens Leonie!“, sagte ich schließlich. „Dann danke, Leonie.“ Ich hatte seit langem nicht mehr das Gefühl gehabt, das Richtige getan zu haben. Am nächsten Morgen klingelte mein Telefon. „Wer ist das?“, fragte das Mädchen neugierig. „Scheiße, mein Chef!“ Ich hatte vergessen zur Arbeit zu gehen. „Leonie, bist du dran? Warte, höre zu, wieso warst du gestern nicht bei der Arbeit?“ „Herr Izmir, ich traf ein Mädchen und es brauchte meine Hilfe, weil…“ „Letzte Mal war kranke Katze, davor warest du krank! Ich wissen, dass du Drogen nimmst und wegen Drogen nicht kommst!“ „Aber nein, nein ich lüge nicht!“ „Leonie lüge mich nichte an! Gestern du nicht gekommen! Heute du auch nicht kommen! Ich brauche treuen Mitarbeiter, nicht wie du! Komm mich nichte anbetteln!“ Als er auflegte, war ich traurig und wütend auf das Mädchen zugleich. Was sollte ich ohne Arbeit machen! Ich schrie sie an, und setzte sie mit dem Rollstuhl vor die Tür. Ich konnte mir die Wohnung nicht mehr leisten und ich zog wieder in eine WG. Aber nicht mal dort konnte ich meinen Anteil zahlen. Überall suchte ich neue Jobs, aber ich fand keine. Mit nur 20 Jahren landete ich auf der Straße. Das wenig Geld, das ich von Leuten zugesteckt bekam, gab ich für LSD und Schnaps aus. Irgendwann fragte ich den Jungen im Club, ob er eine Arbeit für mich wüsste. So verdiente ich kleine Beträge mit dem Verkauf von Drogen. Ein paar Monate später erfuhr ich, dass mein Vater in einer Klinik für Alkoholsucht gestorben sei. Ich war von meinem Leben bereits so abgehärtet, dass es mich nicht einmal berührte. Eines Tages, ich war fast 21, kamen an der Straße, in der ich saß, ein Mann und ein Mädchen vorbei. Sie waren sehr edel gekleidet, das Mädchen hatte orange Harre und saß in einem Rollstuhl. Sie rollte zu mir und sprach mich an: „Warum sitzt du hier?“ „Geh weg, das ist deine Schuld!“ antwortete ich launisch. „Hast du keine neue Arbeit gefunden?“, fragte sie. „Würde ich sonst hier sitzen?“ „Mit wem sprichst du da?“, fragte der Mann, „du sollst doch nicht mit Obdachlosen reden!“ „Papa, das ist nicht irgendwer, das ist das Mädchen, das mir damals geholfen hat.“ „Du hast doch gesagt, dass sie dich in ihre Wohnung gebracht hat.“ „Ja, aber jetzt lebe ich hier“, sagte ich. „Ach so, schade, aber vielen Dank! Was wäre ohne dich aus meiner Tochter geworden?“ Sie tuschelten kurz untereinander und das Mädchen sprach zu mir: „Leonie, mein Vater und ich haben uns entschieden, dir eine Wohnung und ein Studium zu bezahlen, aber nur, wenn du aufhörst, Drogen zu nehmen und dir eine gute Arbeit suchst.“ So bin ich nicht auf der Straße verrottet und habe etwas aus meinem Leben gemacht. Ich bin jetzt 60 und arbeite als Meeresbiologin. Im Laufe meines Leben hatte ich viele Drogenrückschläge und es hat über 30 Jahre gedauert, meine LSD-Sucht komplett zu bekämpfen. Marie und ich sind noch Freundinnen und wenn ich sie durch den Park schiebe, habe ich endlich das Gefühl von Freiheit. Drogen, große Mengen Spirituosen, Zigaretten, aber auch Sportwetten machen süchtig. Sollte man strengere Gesetze erlassen, um Menschen vor der Sucht zu bewahren oder soll jeder für sich aufpassen und man sollte Drogenfreigaben ausprobieren? Schreibt doch gerne einen Kommentar über eure Meinung.
2 thoughts on “Die Sucht Teil 2 – Eine Geschichte zum Nachdenken”
Eine ganz tolle Geschichte ! In dir ist ein Schriftsteller verloren gegangen ! Zu deiner Frage : Ich finde es schlimm, dass es solche Drogen überhaupt gibt. Einerseits sollten Menschen auf sich selber aufpassen können, aber wenn sie das nicht mehr können ( z.B. weil sie schon Drogen benutzen oder alkoholisiert sind, sollte man Drogen und Rauschgift verbieten !
ja, da hast du Recht supergirl8!